Auszug aus dem

     Heimatbuch Hambrücken
     Die Geschichte eines Dorfes im Bruhrain von 1993

Reit- und Fahrverein Hambrücken e.V.

Der Reit- und Fahrverein Hambrücken e.V. wurde am 28. Juni 1952 gegründet.
Das Bündnis zwischen Mensch und Pferd verzeichnet eine lange Kette von folgenreichen Unternehmungen, die Glanz und Elend menschlichen Tatendranges dokumentieren.
Ihnen, den Pferden, verdankt die Menschheit einen wesentlichen Teil ihrer Kultur.
Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Menschen in den zerstörten Städten und auf dem verwüsteten Land mit doppeltem Lebensmut und Schaffensdrang, was ihnen in sinnloser Weise zerstört worden war.
Die Rolle, die das Pferd besonders in dieser Zeit bei der Arbeit für das tägliche Brot spielte, ist vielleicht seine wichtigste.
Aber nicht nur die Menschen veränderten sich, auch die Pferde. Die zunehmende Veredelung ermöglichte einen vielseitigen Einsatz.
In Hambrücken war dies besonders in der Landwirtschaft und im Transport- und Verkehrswesen der Fall.
Dies Aufeinander-Angewiesen-Sein schweißte Mensch und Pferd zusammen. Es entstand eine besondere Kameradschaft, die Partnerschaft.
Natürlich erlosch dies Gefühl nicht, wenn der Acker bestellt war oder die Ko
hlen vom Bahnhof Waghäusel abgeholt waren, sondern es strahlte in die, wenn auch damals spärliche Freizeit hinein. Der Erfahrungsaustausch von Landwirten und Fuhrleuten untereinander (oft beim Glas Bier) förderte ein Gemeinschaftsgefühl Gleichgesinnter, und so war es am 28. Juni 1952 soweit, dass 25 Hambrücker Männer im Gasthaus „Zum Sternen“ den Reit- und Fahrverein Hambrücken aus der Taufe hoben.
Die Pflege von Pferdebrauchtum und Geselligkeit sowie das Mitwirken im Ortsgeschehen schrieb man sich in die Satzung.

Die zunehmende Technisierung drängte die Pferde als Arbeitstiere mehr und mehr in den Hintergrund. Das Reiten einfach zum Spass oder als sportliche Betätigung bestimmte immer mehr das Geschehen. Um diesen Wunsch zu realisieren, war die vordringliche Aufgabe, einen geeigneten Reitplatz zu finden. Der erste Reitplatz war bei der Dreschhalle (heute Industriestraße).
Auf diesem konnte schon bald nach der Vereinsgründung das erste Hambrücker Reitturnier durchgeführt werden. Die überwältigen
de Zuschauerresonanz dokumentierte dabei das starke Interesse der Öffentlichkeit. Dies war der Beginn einer bis heute bestehenden Turniertradition. Da „Reiten“ gelernt sein will, machte natürlich den Aufbau einer kontinuierlichen Ausbildungsarbeit erforderlich. Mit den Herren Alban Krämer und Otto Scheuermann in den 50er und den Herren Oswald und Manfred Schauder in den 60er Jahren waren Reitlehrer in Hambrücken tätig, die auch für den sportlichen Erfolg des jungen Vereins und seiner Aktiven sorgten.
Ganz besonders hervorzuheben ist auch der Aufbau einer Voltigiergruppe, in der zahlreiche Hambrücker Jugendliche darunter auch Mädchen, die Möglichkeit fanden, sich auf und mit dem Pferd sportlich zu betätigen. Es war etwas Besonderes, zu dieser Gruppe zu gehören, die auf Turnieren in nah und fern hervorragende Erfolge feiern konnte. Hier sei besonders auch das Voltigierpferd „Max“ im Besitz von Herrn Franz Hoffmann erwähnt. Ein weiterer Höhepunkt im Verein war ab dem Jahre 1954 die am Kerwe-Sonntag stattfindende Fuchsjagd. Auch hier fielen die Hambrücker Reiter nicht nur mit ihren erstmals getragenen Reiterröcke in den Vereinsfarben „gelb-schwarz“ positiv auf. Die sportliche Rivalität zwischen den Reitern aus benachbarten Vereinen sorgte regelmäßig für höchste Spannung beim „Griff nach dem Fuchsschwanz“. Die lautstarke Unterstützung der Hambrücker für ihre „Farben“ ließen manchen Aktiven über sich hinauswachsen. –Schade, dass diese schönen Veranstaltungen inzwischen der Vergangenheit angehören. –
Gesellschaftliche Höhepunkte im dörflichen Leben, wie Primizen oder große Vereinsjubiläen, sind zweifelsfrei ohne Pferde nicht denkbar.
So zogen die Hambrücker Geistlichen Pater Alfons Decker, Pater Ludwig Baron und Pater Alfons Knebel bei ihren Primizen
mit feierlichen Kutschgespannen und eskortiert von den Aktiven des Reitervereins in ihre Heimatgemeinde ein.
Wechselt der Ortspfarrer, so ist es Tradition, dass er in einer Kutsche am Ortseingang abgeholt wird. Oder was wären etwa Festumzüge ohne Gespann und Reiter.
Auch die Frauen des Vereins waren nicht untätig: In Handarbeit fertigten sie dem finanziell nicht auf Rosen gebetteten Verein ein Vereinsstandarte, die fortan bei wichtigen Anlässen mitgeführt wurde.
Ein überaus bedeutender Meilenstein in der Vereinsgeschichte, dessen Auswirkungen heute sichtbar werden, war die Erlangung des Reitgeländes am Heuweg.
So konnte man im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten die erforderlichen Einrichtungen auf Dauer installieren.
Eine erste größere Investition war die Erbauung der Flutlichtanlage in den 60er Jahren. Nun konnten Nachtjagdspringen veranstaltet werden, die einen hervorragenden Zuspruch bei den Zuschauern und Aktiven aus nah und fern fanden.
Der Reitsport entwickelte sich weiter – die Konkurrenz schlief nicht -, und wer auf den Turnieren Erfolg haben wollte, musste auch in der kalten Jahreszeit die Trainingsarbeit fortführen. Die Konsequenz freilich, eine geeignete Reithalle dafür zu haben, stellte den Verein vor vielfältige, große Probleme. Konnte man ein solch finanziell erhebliches Risiko überhaupt eingehen? Sind die erforderlichen Genehmigungen zu erlangen? Diese großen Aufgaben schienen den Ver
ein zunächst zu lähmen. Mehrere Vorstände sahen sich diesem Problem gegenübergestellt. Viele schwierige, langwierige Genehmigungsverfahren ließen nur kleine Schritte zu. Sogar gerichtlich mussten bestimmte Bedenken ausgeräumt werden. Endlich im Frühjahr 1985 hatte man eine junge Vorstandschaft mit Leopold Haut als 1. Vorstand an der Vereinsspitze – den „Roten Punkt“. Es konnte gebaut werden! Die folgenden 2 Jahre bedeuteten viele, viele Stunden Arbeit freiwilliger Helfer, um die Reithalle mit Vereinsheim in Eigenarbeit zu erbauen. Die Einweihung wurde im Mai 1988 mit einem feierlichen Festakt gegangen.
Ohne Verschnaufpause ging man im Anschluss daran, die Außenanlage entsprechend den heutigen Bedürfnissen zu gestalten. Der alte Springplatz wurde erweitert, die Anlage neu eingezäumt. Eine Bewässerungsanlage – für den schönen Rasenplatz unabdinglich – wurde konstruiert und in Eigenarbeit fertig gestellt.
Viele Bäume und Pflanzen verschönern heute die Reitanlage am Heuweg und lassen die Verantwortlichen, nicht ohne Stolz, auf das „Erreichte“ sehen.
Regelmäßiger Reitunterricht, auch Lehrgänge
anderer Reitorganisationen, sind nun möglich und werden durchgeführt. Das schöne Vereinsheim, das den Blick sowohl in die Reithalle, als auch auf den Außenplatz gestattet, findet bei Besuchern lobenden Anklang.
Springreiten, Dressur und Fahrsport werden heute von Aktiven des Vereins leistungsorientiert betrieben.
Sportliche Erfolge trugen zum guten Image des Vereins, über die regionalen Grenzen hinaus, bei:
Nordbadischen Meister der Junioren 1981, 1. Ringmeister im Springen 1978 und 1. Ringmeister in der Dressur 1979 für Hans Erbrecht.
Nordbadischer Vizemeister der Springreiter 1985 und der erste S-Sieg sowie 1. Ringmeister in den Jahren 1984, 1985 und 1986 für Manfred Mohr,
1. Ringmeister 1990 und 1991 im 2-Spänner-Fahren für Bernfried Betsche, sowie
1. Ringmeister 1990 im 1-Spänner-Fahren für Andrea Betsche.

Berechtigte Hoffnungen für die Zukunft machen unsere Springreiter, Dressurreiter
und Fahrer. Die Zahl der Aktiven nimmt zu, wenngleich man sich dem Phänomen des überaus vielfältigen Freizeitangebotes der 90er Jahre stellen muss und das „Beritten Machen“ von interessierten Jugendlichen sicherlich keine leichte Aufgabe ist.

Der Reit- und Fahrverein Hambrücken e.V. hatte im Juni 1992 123 Mitglieder.

Die zunehmende Sensibilität im Tierschutz ist ein wesentliches Merkmal des Zeitgeistes kurz vor der Jahrhundertwende. Dieser besonderen Verantwortung des Menschen gegenüber dem Tier will und muss gerade ein Reiterverein gerecht werden.

„Gott schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier, wacht auf im Menschen“ (Indisches Sprichwort)


                                                                                             Text: Alfred Grub 

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